Präsentation

1971 wurde an der Universität São Paulo das Postgraduierungsprogramm „Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft“ gegründet, das bis heute ein einzigartiges Profil in Brasilien aufweist. Das Programm ist vom brasilianischen Kultusministerium (MEC) für die Lehre in der Postgraduierung und für die Betreuung von Forschungsarbeiten im Bereich der Aufbaustudiengänge „Mestrado“ und „Doutorado“ (Promotion) akkreditiert. In der letzten von der brasilianischen Förderagentur zur Hochschulbildung CAPES durchgeführten Evaluierung konnte das Programm die Note 5 (aufsteigende Skala von 1 bis 7) beibehalten, was für ein Programm dieser Dimension ausgezeichnet ist. Diese Note ist das Ergebnis der engagierten Arbeit vieler Generationen von Professoren und Studierenden.

Das Programm verfügt über einen Stamm von qualifizierten Lehrkräften und lädt darüber hinaus regelmäßig Gastprofessoren aus dem In- und Ausland ein. Es besteht aus einem Schwerpunktbereich ("Área de Concentração") in Germanistik, der wiederum in die vier Unterbereiche Deutsch als Fremdsprache, deutsche Sprachwissenschaft, Erforschung der deutschsprachigen Literatur und Translationswissenschaft (für das Sprachenpaar Deutsch/ Portugiesisch) untergliedert ist. Die wichtigste Zielsetzung ist die Ausbildung von Forscherinnen und Forschern, die als zukünftige Hochschuldozenten im Bereich der Germanistik eine solide wissenschaftliche Grundlage erhalten. Darüber hinaus werden Fachleute mit verschiedenen Profilen für die Herausforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet.

Im Bereich der deutschen Sprachwissenschaft werden Forschungsarbeiten zur deutschen Sprache, insbesondere im Kontrast mit dem brasilianischen Portugiesisch, durchgeführt. Damit soll zur Lehre von Deutsch als Fremdsprache im brasilianischen Kontext, aber auch zum Wissen von Translatoren und anderen Berufen, die mit der deutschen Sprache arbeiten, beigetragen werden. Im Bereich Deutsch als Fremdsprache stehen vor allem didaktisch-methodische und diskursive Ansätze über Spracherwerb und Sprachlehre von DaF im Mittelpunkt, einschließlich der Ausarbeitung von Kursinhalten und Lehrmaterial für besondere Zielgruppen.

Im Bereich der Erforschung deutschsprachiger Literatur werden Akademiker ausgebildet, die ihre Arbeiten teils unter besonderer Berücksichtigung des brasilianischen Kontexts teils mit einer universalen Perspektive anfertigen. Ausgehend von dem breiten methodischen Instrumentarium der Literaturwissenschaft steht vor allem die Interdisziplinarität mit vielen Schnittstellen zu Philosophie, Geschichte, Soziologie, Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft, Psychoanalyse, Textgenetik und Kognitionspsychologie im Vordergrund.

Der Fokus im Bereich der Translationswissenschaft liegt auf der Translation als Mittel des Kulturtransfers, vor allem durch die Anfertigung von kommentierten Übersetzungen deutschsprachiger, noch nicht ins Portugiesische übersetzter Werke. In diesen Forschungsarbeiten wird das dabei angewandte Verfahren wissenschaftlich begründet sowie der theoretische Beitrag zur Translationswissenschaft aufgezeigt. Außerdem wird die historische, kulturelle und/oder fachliche Determiniertheit von Fachtexten im Kontext der Schnittstellen zu den jeweiligen Wissensgebieten, Kulturen und sprachlichen Konventionen sowie die Auswirkungen auf die Übersetzung untersucht.

 

Auswahlverfahren

Bewerber(innen) mit einem Hochschulabschluss können je nach Anzahl der verfügbaren Studienplätze im Mestrado- oder Promotionsstudiengang für eine bestimmte Forschungslinie zugelassen werden. Das Programm führt zweimal im Jahr ein Auswahlverfahren durch, das sich aus jeweils drei Teilprüfungen zusammensetzt: a) Fremdsprachenprüfung (für brasilianische Muttersprachler: Deutsch; für deutsche Muttersprachler: Portugiesisch); für den Promotionsstudiengang zusätzlich: Englisch, b) Schriftliche Klausur mit Aufgaben aus dem Bereich der gewählten Forschungslinie und c) Gespräch über Lebenslauf und Forschungsexposé. Bewerber(innen) können Kontakt mit Dozenten der jeweiligen Forschungslinien aufnehmen und sich über die Durchführbarkeit und Relevanz ihres geplanten Forschungsvorhabens erkundigen. Weitere Informationen sind auf der Website  http://pos.fflch.usp.br verfügbar, Fragen können aber auch direkt an die Programmleitung gerichtet werden (reichmann AT usp.br).

 

 

Forschungslinien – Mestrado und Promotion

 

A – Die Translation als Kulturtransfer: Forschungsmethoden, Erarbeitung von theoretischen Beiträgen und interdisziplinäre Perspektiven

Projekte:

Deutschsprachige Literatur in brasilianischer Übersetzung und umgekehrt: Translation und kritische Untersuchung der Rezeption (Beginn 01.01.2013)

Dieses Projekt umfasst sowohl die Anfertigung von kommentierten Übersetzungen in brasilianischem Portugiesisch von in Brasilien noch unübersetzten deutschsprachigen Werken sowie die Untersuchung der Rezeption deutschsprachiger Literatur in brasilianischer Übersetzung oder der Rezeption brasilianischer Literatur in deutscher Übersetzung. In beiden Fällen liegen die Arbeiten an der Schnittstelle von theoretischen und methodischen Ansätzen der Translationswissenschaft, der Cultural Studies und der Literaturwissenschaft.

Professoren:

João Azenha Junior (verantwortlich)
Tinka Reichmann
Juliana Pasquarelli Perez
Pedro Heliodoro Tavares

Fachtexte in Translation: historische, sprachliche und kulturelle Determiniertheit (Beginn 01.01.2013)

In diesem Projekt werden Untersuchungen zur historischen, kulturellen und fachlichen Determiniertheit von Fachtexten im Zusammenhang mit ihren Schnittstellen zu den jeweiligen Wissensgebieten, Kulturen und sprachlichen Konventionen durchgeführt und die Auswirkungen auf die Übersetzung besprochen. Die theoretischen und methodischen Grundlagen sind der Translationswissenschaft, der Textlinguistik, der Fachsprachenlinguistik und der einschlägigen Fachgebiete entlehnt, wie z.B. Geschichte, Psychologie, Recht oder Gesundheitswesen.

Professoren:

Tinka Reichmann (verantwortlich)
João Azenha Junior
Pedro Heliodoro Tavares

Deskriptive Ansätze, Übersetzungstheorien und Sprachphilosophie: Grundlagen und gegenseitige Beziehungen (Beginn: 01.01.2015)

Dieses Projekt hat zum Ziel, die Beziehungen zwischen Theorie und Praxis in der Translation in ihren verschiedensten Modalitäten (schriftliche, mündliche, audiovisuelle, literarische, wissenschaftliche Translation) zu erforschen. Hintergrund ist die zeitgenössische Diskussion über die Beziehung zwischen der Sprachauffassung und der Theoriebildung zur konkreten Übersetzung. Die theoretischen Beiträge sind vor allem aus den deskriptiven Ansätzen, der Hermeneutik und der Sprachphilosophie entlehnt und werden Fächern wie Pragmatik, Textlinguistik und Cultural Studies gegenübergestellt.

Professoren:

Paulo Sampaio Xavier de Oliveira (verantwortlich)
Tinka Reichmann

 

B – Interdisziplinäre Germanistik

Projekte:

Aspekte der Fiktionalität in der deutschsprachigen Literatur (Beginn 01.01.2013)

Im Rahmen des Projekts werden deutschsprachige Erzähltexte im Hinblick auf ihre spezifische Fiktionalität untersucht; besondere Aufmerksamkeit gilt dem Roman und dem autobiografischen Schreiben, aber auch anderen Gattungen. Relevante Aspekte bei der Analyse sind die Beziehung Autor – Erzähler – Leser, die formale Struktur der Texte (Erzählstruktur, Sprachgesten) und die kognitive Funktion der Texte.

Professoren:

Helmut Paul Erich Galle (verantwortlich)
Celeste Henriques Marquês Ribeiro de Sousa
Juliana Pasquarelli Perez
Luciana Villas-Bôas

 

Literatur und Medien (Beginn 01.01.2013)

Das Projekt analysiert die erzählerische Gestaltung in verschiedenen Medien wie Film, Malerei, Tanz, Fotografie u.a., wobei der Dialog mit der Literatur im Vordergrund steht. In diesem Sinne wird auch die intersemiotische Übersetzung betrachtet.

Professorin:

Claudia Sibylle Dornbusch (verantwortlich)

 

Literatur und Gesellschaft (Beginn 01.01.2013)

Im Projekt werden die sozio-historischen Konstellationen in der deutschsprachigen und der brasilianischen Literatur mit dem Schwerpunkt Realismus untersucht.

Professoren:

Tercio Redondo Loureiro (verantwortlich)
Stefan Wilhelm Bolle
Helmut Galle

 

Literatur und Erkenntnis (Beginn 01.01.2013)

Dieses Projekt erforscht Texte der deutschsprachigen (und brasilianischen) Literatur, die Reflexionen über die Beziehungen zwischen Literatur, dem Schönen und der Erkenntnis aufweisen. Den kognitiven Aspekten der Literatur wird in den Analysen besondere Beachtung geschenkt.

Professoren:

Juliana Pasquarelli Perez (verantwortlich)
Helmut Paul Erich Galle

 

Literatur, Subjektivität und Kultur (Beginn: 01/01/2014)

In diesem Projekt geht es um Literatur als Form des Ausdrucks und als Erstellung von Wissen über das Subjekt und seine Einbindung in die Kultur. Besonderes Augenmerk gilt den Grenzen zwischen biografischer, historischer und fiktionaler Erzählung sowie dem Verhältnis der Literatur zu Disziplinen an der Schnittstelle „Subjektivität und Kultur“, wie z.B. der Psychoanalyse, der Philosophie und den Geisteswissenschaften.

Professoren:

Pedro Heliodoro Tavares (verantwortlich)
Luciana Villas-Bôas

 

Die Arbeit mit deutschsprachigen Dokumenten in historischen Bibliotheken und Archiven (Beginn: 01.01.2014)

Das Projekt hat zum Ziel, Forschungsmethoden und Verarbeitungsmöglichkeiten für deutschsprachige historische Dokumente und literarische Werke in Archiven zu entwickeln und anzupassen. Hierzu zählen die Archivbestände der Brasiliana-Bibliothek und des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, aber auch andere Literaturarchive in Brasilien und im Ausland. Der Fokus liegt auf der Untersuchung des Brasilienbilds in deutschsprachigen Werken. Die Verarbeitung dieser Dokumente sieht unter anderem die Katalogisierung, Beschreibung, Bewertung, Übersetzung und Verbreitung vor.

Professoren:

José da Silva Simões (verantwortlich)
Celeste Henriques Marquês Ribeiro de Sousa

Literatur und das politische Imaginäre (Beginn: 01.08.2015)

Das Projekt erforscht die Rolle der Literatur bei der Gestaltung des politischen Imaginären, sei es hinsichtlich der Definition vorgestellter Größen wie der Nation oder der Öffentlichkeit, sei es hinsichtlich der Sichtbarmachung von politischen Figuren und Konzepten (Staat, Souveränität oder Menschheit). Es wird das Verhältnis zwischen Literatur, politischer Philosophie und Sozialwissenschaften untersucht, vor allem die Grenze zwischen öffentlicher und privater Sphäre sowie die Kodifizierung der Intimität und der Emotionen.

Professoren:

Luciana Villas-Bôas (verantwortlich)
Stefan Wilhelm Bolle

Literatur und Historiografie (Beginn: 01.01.2015)

Das Vorhaben zielt auf die Untersuchung von Aspekten der Moderne im Bereich der brasilianischen und deutschsprachigen Kultur anhand von Werken der Literatur und der Historiografie. Es geht dabei um Themen wie die gesellschaftliche und politische Funktion von Literatur und Historiografie, die Begriffe von Kultur und Zivilisation, die Beziehung zwischen ästhetischen und dokumentarischen Faktoren, Fiktionalität und Faktualität, Gattungspoetik, Reiseberichte und Kulturtransfer.

Professor:

Stefan Wilhelm Bolle (verantwortlich)

 

C – Die Erforschung der deutschen Sprache im brasilianischen Kontext

Projekte:

Lexikographie: Verbalphraseme (Beginn 01.01.2013)

Im Projekt geht es um vorbereitende Arbeiten zur Erstellung eines bilemmatischen Wörterbuchs (Deutsch-Portugiesisch und Portugiesisch-Deutsch) von Funktionsverbgefügen, Kollokationen und idiomatischen Wendungen.

Professoren:

Maria Helena V. Battaglia (verantwortlich)
Eva Maria Ferreira Glenk

 

Die Klasse der invarianten Wörter im Deutschen (Beginn 01.01.2013)

Das Projekt beschäftig sich mit der Untersuchung der invarianten Wörter wie Adverbien, Partikeln, Präpositionen, Konjunktionen und Diskursmarker.

Professoren:

Eliana Fischer (verantwortlich)
Maria Helena V. Battaglia

 

Konstruktionen: theoretische Ansätze (Beginn 01.01.2013)

In diesem Projekt sollen die lexikalischen, morphosyntaktischen und textuellen Konstruktionen im Deutschen erhoben und untersucht werden. Diese werden unter mit Hilfe von Ansätzen aus der kognitiven Linguistik, insbesondere der Konstruktionsgrammatik und den Prinzipien der Grammatikalisierung, beschrieben und analysiert. 

Professoren:

Eva Maria Ferreira Glenk (verantwortlich)
Maria Helena V. Battaglia
Eliana Fischer
José da Silva Simões

 

D – Deutsch als Fremdsprache lehren und lernen

Projekte:

Didaktisches Material und Kursplanung (Beginn 01.01.2013)

Untersuchung der Curricula für die Lehre von Deutsch als Fremdsprache mit besonderem Fokus auf die Bedarfe und Bedürfnisse des Lehr- und Lernkontexts in Brasilien. Untersuchung der Bedingungen der Erstellung, Zirkulation und Rezeption von DaF-Lehrmaterial im brasilianischen Kontext.

Professoren:

Dörthe Uphoff (verantwortlich)
Paulo Sampaio Xavier de Oliveira

 

Fremdsprachliche Erwerbsprozesse und ihre Anwendungsmöglichkeiten für die DaF-Lehre (Beginn 01.01.2013)

Im Rahmen dieses Projekts werden die kognitiven Prozesse beim Spracherwerb und dem Lernen von Deutsch als Fremdsprache mit besonderem Fokus auf brasilianischen Deutschlernenden erforscht.

Professoren:

José da Silva Simões (verantwortlich)
Dörthe Uphoff

 

Die Vermittlung von Deutsch als Fachsprache (Beginn 01.01.2013)

Das Projekt widmet sich der Analyse, Ausarbeitung und Anwendung von Lehrmethoden und -material für die Vermittlung von Deutsch als Fachsprache, insbesondere für die Lektüre von Fachtexten und Deutsch als Wissenschaftssprache.

Professoren:

Eva Maria Ferreira Glenk (verantwortlich)
Dörthe Uphoff

 

Letzte Aktualisierung: 25/11/2016